Minderjährige als Täter

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Im § 176 StGB gibt es keine Einschränkung des Alters der Täter (etwa auf Erwachsene), d.h. tätsächlich jede sexuelle Handlung mit, an oder vor Kindern unter 14 Jahren ist strafbar, unabhängig davon wie alt der Täter ist. Kinder unter 14 Jahren gelten dabei als schuldunfähig (§ 19 StGB) und können somit nicht bestraft werden. Polizeiliche Ermittlungen und Interventionen nach Kinder- und Jugendhilfegesetz (KJHG) sind dennoch möglich.

Kriminalstatistik

Jährlich werden über 600-700 Kinder unter 14 Jahren wegen §176 StGB angezeigt, wobei diese Kinder als "unmündig" vor dem StGB gelten und daher nicht vor das Strafgericht gestellt werden können. Laut BKA Statistik (2006) gab es in Deutschland 9344 ermittelte Straftaten gemäß § 176, 176a, 176b StGB. 7,5 % der Täter waren Kinder unter 14 Jahre, d.h. ca. 700 Kinder waren nicht Opfer von "Missbrauch", sondern Täter. [1]

Durch den § 176 StGB werden regelmäßig Jugendliche und Heranwachsende verurteilt, 14-21jährige, die mit Kindern bis 13 Jahren sexuelle Handlungen begangen haben. Diese Jugendlichen gelten als vorbestraft, genauso wie erwachsene Täter.

Umgang mit kindlichen Tätern

Für die Täter unter 14 Jahren ist also nicht das StGB relevant, aber das Kinder- und Jugendhilfegesetz (KJHG). Kinder, die Kinder sexuelle Handlungen nach § 176 StGB begehen (also "sexuell missbrauchen") gelten bei Psychologen und Pädagogen unter Umständen als "verhaltensauffällig", "sexuell gestört" oder/und als "sexuell grenzverletzende Kinder und Jugendliche", die pädagogischer Interventionen bedürfen.

"Sexuell grenzverletzende Kinder und Jugendliche"

Für "sexuell grenzverletzende Kinder und Jugendliche" hat das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Kinder (BMFSFJ) Qualitätsempfehlungen für den professionellen Umgang herausgegeben[2]. Diese Qualitätsempfehlungen des BMFSFJ fassen den Begriff sehr flexibel und weit:

„Der Begriff sexuell grenzverletzenden Verhaltens wird bewusst weit gefasst und nicht beschränkt auf die Begehung von Straftaten im Sinne des 13. Abschnitts des StGB. Unter sexuell grenzverletzendem Verhalten wird in diesem Bericht auch dann gesprochen, wenn die Motivationslage nicht primär sexuell bedingt ist. Sexuell grenzverletzendes Verhalten hat einen interpersonellen Charakter, liegt auch vor, wenn kein Körperkontakt (Exhibitionismus, Internet, Zeigen von pornographischen Filmen, etc.) besteht. Es ist immer gekennzeichnet von einem Machtgefälle zwischen „Täter“ und „Opfer“.“

Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Kinder (BMFSFJ) : PDF-Datei]

Für die Bezeichnung der "sexuellen Grenzverletzung" unter Kindern wird also ein Machtgefälle als voraussetzend angenommen. Demnach wird nicht bei allen kindlichen Tätern des § 176 StGB die Notwendigkeit spezifischer Interventionen bei Bekanntwerden der Sexuellen Handlungen gesehen.

Kritik am Konzept der "Sexuell grenzverletzenden Kinder und Jugendlichen"

Kritisiert wird an dem dargestellten Konzept, dass die Definition des "Sexuell grenzverletzenden Verhaltens" sehr vage bleibt und geeignet sei, auch einvernehmliche Handlungen von Kindern zu pathologisieren und kriminalisieren.

Hingegen wären alternative Konzeptionen denkbar. So könnte man mit Rind et al (1998) erklären, was unter "sexuell grenzverletzend" zu verstehen ist: Konstellationen, in denen Zwang, Gewalt, Nötigung vorherrscht, überall da, wo der Wille gebrochen wird.

Interventionen nach KJHG

Diese "sexuadevianten" Kinder erhalten sogenannte Hilfen, wie z.B. die durch §34 KJHG legitimierte Heimerziehung.

  1. Bundeskriminalamt Wiesbaden, PKS Berichtsjahr 2006, Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung, S. 134. Online: http://www.bka.de/pks/pks2006/
  2. http://www.kinderschutz-zentren.org/pdf/quali_sexuellgrenzverletzendenjug.pdf