Nautilus Studie

Aus BoyWiki

Die Nautilus Studie ist eine wissenschaftliche Studie von Michael Griesemer zur psychosexuellen Kindesentwicklung. In den 90er Jahren wurde die Studie konzipiert, der Fragebogen wurde erstmals 2003 im Jungsforum bekanntgemacht[1] und 2006 veröffentlichte Griesemer eine erste Auswertung.

Forschungsfragen

Es sollte erfasst werden, wie die psychosexuelle Entwicklung des Kindes abläuft. Zentrale Fragen darunter waren:

  • das Alter der ersten Gefühle körperlicher Anziehungskraft und sexueller Aktivierung
  • das Alter des Beginns der Pubertät

Und weitere Daten zur psychosexuelle Entwicklung.

Theoretische Annahmen

Nautilus wurde von Griesemer in den 90er Jahren ursprünglich konzipiert, um zu untersuchen, ob die wissenschaftliche Untersuchung hinsichtlich “Androphilie” vs. “Gynaephilie” bessere Belege für eine vorgeburtliche Determiniertheit der sexuellen Orientierung erbringt, als die Unterscheidung zwischen "Heterosexualität" und "Homosexualität". Mit seinem zunehmenden Interesse für die Lage der Pädophilen wandelte sich dann das Hauptziel der Studie, nun sollte Nautilus vorrangig Annahmen der Integrativen Verursachungstheorie untersuchen.[2]

  1. Eine grundsätzliche Annahme der Verursachungstheorie ist, dass die Mehrheit aller präpubertären Kinder sich zunächst durch andere präpubertäre Kinder angezogen fühlt und dann eine Umstellung erfolgt, sowie dass bei Pädophilen diese Umstellung scheitert.
  2. Griesemers ursprüngliche Annahme war, dass Pädophile früher als andere Menschen beginnen, sich durch andere Kinder ihres Alters angezogen zu fühlen, dadurch eine längere Zeitspanne bis zur Pubertät haben und dadurch eine größere Wahrscheinlichkeit, dass in dieser Zeitspanne etwas passieren kann, dass die Umwandlung der Attraktion von Kinder auf Erwachsene beeinflussen kann, so dass sie auf Kinder fixiert bleiben.
  3. Untersucht wurde auch die Hypothese, dass die allerersten spontanen Anziehungserlebnisse später pädophiler Menschen in der Kindheit vorpubertäre andere Kinder sein werden, während die allerersten Spontananziehungen Nicht-Pädophiler in deren Kindheit von pubertären oder älteren Erscheinungsbildern ausgehen.

Untersuchte Personen

An der Studie nahmen 166 Erwachsene zwischen 16 und 70 Jahren beiderlei Geschlechts teil, allerdings sehr wenige Frauen, so dass deren Daten nicht ausgewertet wurden. Die Teilnehmer wurden aus verschiedenen Quellen rekrutiert, darunter folgende:

Insgesamt nahmen 84 Nichtpädophile und 82 Pädophile teil.

Methoden

Es handelte sich um eine retrospektive Onlinebefragung. Die Teilnehmer beantworteten verschiedenste Aspekte ihrer sexuellen Kindesentwicklung. Unter anderem waren sie gebeten, aufeinanderfolgend die 5 ersten Personen hinsichtlich Alter und Geschlecht zu spezifizieren, von denen die ersten Gefühle von körperlicher Anziehung in ihrem Leben auf sie ausgingen. Der Begriff "körperliche Anziehung" wurde ausführlich definiert als ein Gefühl "magnetischer Anziehung", das sich etwa im Empfinden äußern kann, der anderen Person nahe sein zu wollen oder in einer intensiven Wahrnehmung von den Augen oder Bewegungen des anderen. Dabei wurde bewusst offen gelassen, ob sie dabei auch sexuelle Gefühle empfanden.[3]

Erinnerungsverzerrungen wurden versucht zu begegnen, indem Effekte des Alters und der Detailliertheit der Erinnerungen statistisch kontrolliert wurden. Auch wurde instruiert, bei der Erinnerung auch Empfindungen zu gleichgeschlechtlichen Personen sowie Empfindungen im vorpubertären Alter zu berücksichtigen und nicht aus Überzeugungen heraus, was es üblicherweise gebe, unbewusst zu vernachlässigen.

Ergebnisse

Annahme der Umstellung der Attraktion auf Erwachsene

Etwa 80% der Untersuchten hatten als präpubertäre Kinder zunächst Anziehungserlebnisse in Bezug auf präpubertäre Gleichaltrige. Während bei später Nichtpädophilen danach die Alterskurve der begehrten Personen zunehmend anstieg hin zu erwachsenen Phänotypen, blieb dieser Anstieg bei den Pädophilen aus.

Im Fragebogen wurde auch nach unglücklichen Erlebnissen im Zusammenhang mit der sexuellen Neigung bzw. mit Beziehungen zu begehrten Personen gefragt, beispielsweise Zurückweisung aufgrund Homosexualität oder von außen forcierte Trennungen. Diese zeigten korrelative Beziehungen zu später präferierten Alter, was Griesemer interpretiert als retrospektive Fixierung auf diese Liebesobjekte traumatischer Erfahrung[4]

Annahme des früheren Beginns von Attraktionen

Diese Annahme hat sich nicht bestätigt. Sowohl bei Nichtpädophilen als auch bei Pädophilen lag das Durchschnittsalter der allerersten körperlichen Anziehungserlebnisse um das 9. Lebensjahr.

Annahme des unterschiedlichen Alters erster begehrter Personen

Diese Anname hat sich bestätigt. Um das 9. Lebensjahr bereits waren die Anziehungspersonen der später pädophilen Kinder 2,5 Jahre jünger im Schnitt als die ersten Anziehungspersonen der später nicht-pädophilen Kinder (ca. 12 versus ca. 9 Jahre). Der Modalswert (=häufigster Wert) war sogar noch stärker verschieden, so war das häufigste begehrte Alter der später Nichtpädophilen 12 Jahre, das der später Pädophilen 6 Jahre. Kontrolliert hinsichtlich des eigenen Alters erster erotischer Anziehungserlebnisse war der Unterschied immer noch deutlich (14 Jahre vs. 11 Jahre).

Eine Subgruppe der vorpubertären Kinder (ca. 4,5% der später Pädophilen, 28 % der später Nicht-Pädophilen) begann mit Anziehungsempfindungen betreffs erwachsener Erscheinungsbilder (Missbrauchsfälle waren zuvor von diesem Vergleich ausgeschlossen worden), diese Subgruppe orientierte sich auch später hin auf ältere Personen.

Interpretation

Auf Basis der Daten schließt Griesemer, dass sich Pädophilie schon bereits in einem präpubertären Alter entwickelt, wobei man noch nicht weiß, wie.

Kritik

... Retrospektive Befragung, Unrepräsentative Stichprobe, etc. ...

Gesellschaftliche Implikationen

Griesemer kritisiert auf Basis der Ergebnisse unter anderem die verbreitete Missbrauchte-Missbraucher-These, auf deren Basis Kinder von älteren Jugendlichen bzw. Erwachsenen fern gehalten werden sollen. Seine Studie gebe keine Belege für die These, da die befragten Pädophilen nicht häufiger kindliche Missbrauchserlebnisse erlebt hatten, als die Nichtpädophilen. Zudem könne gerade eine Unterdrückung kindlichen erotischen Interesses an pubertärer oder postpubertärer Physiognomie zu einer Entwicklung einer pädophilen Neigung führen, was Griesemer duch die korrelativen Zusammenhänge von erzwungenen Trennungen zu später jüngerem präferierten Alter belegt sieht. Er schließt daraus, dass bestimmte Aufklärungs- und Präventionsprogramme eher kontraproduktiv sind. [5]

Literatur

  • Vortrag von Griesemer auf dem 9. Kongress 2006 der International Association for the Treatment of Sexual Offenders (IATSO)
  • Griesemer M.M. (2006 a). Childhood Psychosexuality: Non-Pedophiles versus Pedophiles. Forensische Psychiatrie & Psychotherapie, vol. 13, suppl. 1, p. 123.
  • Griesemer, M.M (2006 b). On pedophilia aetiogenesis. Forensische Psychiatrie und Psychotherapie, vol. 13, suppl. 1, p.124.

Externe Links

Quellen